Die Zunahme der Behinderung bei MS kann im Rahmen von Schüben oder schubunabhängig erfolgen. Dabei trägt die schubunabhängige, schleichende Progression bei allen MS-Verlaufsformen den deutlich größeren Anteil bei – und das bereits von Anfang an.1,2 Ein Ausbleiben von Schüben bietet also keinen hinreichenden Hinweis auf die Wirkung von MS-Therapien. Stattdessen ist es wichtig, auch kleine Veränderungen in den motorischen und kognitiven Fähigkeiten der MS-Patient:innen zu erkennen. Dies gelingt mit einer individuellen Verlaufskontrolle mithilfe von etablierten Testverfahren.
Symbol-Digit-Modalities-Test (SDMT): Beurteilung der Kognition
Mit dem SDMT können Sie die kognitiven Fähigkeiten Ihrer MS-Patient:innen beurteilen und mögliche Veränderungen im Krankheitsverlauf bestimmen. Die Aufgabe für Ihre Patient:innen besteht darin, bestimmten Symbolen auf einem Testbogen die richtigen Zahlen zuzuordnen.
Durchführung des SDMT
- Auf dem Testbogen sind am oberen Rand die Zahlen 1 bis 9 verschiedenen Symbolen zugeordnet. Darunter folgen die Symbole in zufälliger Reihenfolge.
- Die Testperson hat den Bogen vor sich und wird aufgefordert, innerhalb von 90 Sekunden möglichst vielen Symbolen die richtige Zahl zuzuordnen.
- In der Regel erfolgt der Test mündlich: Die Testperson sagt die Zahlen und Sie notieren Sie auf einem zweiten, identischen Bogen.
- Sollte die Sprachfähigkeit der Testperson beeinträchtigt sein, notiert sie die Zahlen selbst.
9-Hole-Peg-Test (9HPT): Beurteilung der Handfunktion
Der 9HPT gibt Aufschluss über die Feinmotorik und die Koordinationsfähigkeit der Hände. Der Test besteht aus einem Steckbrett mit neun Löchern und einer Mulde, in der sich neun passende Stifte befinden.
Durchführung des 9HPT
- Die Testperson nimmt die Stifte nacheinander mit einer Hand aus der Mulde und steckt sie der Reihe nach in die Löcher.
- Nachdem der letzte Stift gesteckt ist, entfernt die Testperson die Stifte in umgekehrter Reihenfolge und legt sie zurück in die Mulde.
- Sie messen die Zeit vom Stecken des ersten Stifts bis zum Zurücklegen des letzten Stifts in die Mulde.
- Der Test erfolgt zweimal mit der rechten und zweimal mit der linken Hand.
Timed-25-Foot-Walk (T25FW): Beurteilung der Gehfähigkeit
Mit dem Gehstreckentest T25FW können Sie die Gehfähigkeit Ihrer MS-Patient:innen messen und so Veränderungen der Kraft und Koordination der Beine, aber auch des Gleichgewichts im Krankheitsverlauf beurteilen.
Durchführung des T25FW
- Die Testperson geht eine ebene, 7,62 Meter lange Strecke so schnell wie möglich.
- Nach einer kurzen Pause geht sie die Strecke wieder zurück.
- Die Zeiten, die die Testperson jeweils für die Strecken benötigt, werden gemessen.
- Benutzt die Testperson im Alltag eine Gehhilfe, sollte sie diese auch während des Tests verwenden.
Wenn Sie diese Testverfahren alle 6 Monate in standardisierter Form durchführen und dokumentieren, können Sie auch kleine Veränderungen der Fähigkeiten Ihrer MS-Patient:innen erkennen, die auf eine schleichende Progression der MS hindeuten könnten.
Beim Monitoring des Krankheitsverlaufs können auch die Patient:innen selbst eine wichtige Rolle einnehmen. Digitale Gesundheitslösungen wie die MS-App Brisa® unterstützen sie beispielsweise mit einem einfachen Symptom-Tracking dabei.
Quellen
- Kappos et al. JAMA Neurol 2020;77:1132.
- Cree et al., Ann Neurol 2019;85: 653.